„Ja, ich will" - in Hoch-Zeiten von Corona

 

Beständigkeit ist eine Tugend, die besonders in der Corona-Pandemie eher wie ein Fremdwort klingt. Umso schöner ist die tiefe Beziehung von Anna-Birgit Gebhardt und Elvira Weigl aus dem kleinen Örtchen Garching an der Alz in Bayern.

Ein zufälliges Kennenlernen mit Happy End. Wir wissen wirklich nicht, was den Pfarrer geritten hat – vielleicht ist er ein großer Fan von Don Quijote oder er hat folgendes Sprichwort von Miguel de Cervantes zu wörtlich genommen:

Alles, worauf die Liebe wartet, ist die Gelegenheit.


Denn er nutzte eines Tages im August 2020 diese Gelegenheit für die Liebe, klingelte an der Tür von Birgit und Elvira und stürzte mit den Worten ins Haus:
„Heute wird geheiratet.“
Ganz zur Verwunderung und Überraschung der beiden Damen. Sie hatten nämlich gar keinen Segnungstermin vereinbart. Aber fangen wir ganz von vorne an, bevor wir zum Bund der Ehe kommen.

Alles begann im Jahre 2015, an einem Freitag, mit einer Begegnung und einem einzigen Blick. Der Ort der Begegnung war die Einrichtung Sonnenschein, ein Zufluchtsort für psychisch kranke Menschen, die Unterstützung im Alltag brauchen. Es war Elviras erster Besichtigungstermin. Sie wurde im Hause herumgeführt und da trafen sich die Blicke von Elvira und Birgit. Nur ein kurzer Augenblick für beide. Birgit erkundigte sich sofort nach dem Neuankömmling, ob es eine neue Therapeutin oder ein Schützling wäre. Die Antwort stellte Birgit zufrieden. Am darauffolgenden Montag stand Elvira mit gepackten Koffern in der Einrichtung. Schnell wurden aus den Blicken Unterhaltungen und aus der Freundschaft Liebe.

Bei Weinschorle und Pizza des Lieblingsitalieners wurde dann auch schon drei Monate später die Verlobung gefeiert. Doch eine Odyssee von schweren Erkrankungen mit Arztgesprächen und Krankenhausaufenthalten ließ nicht lange auf sich warten und stellte beide vor eine gewaltige Herausforderung sowie Probe für die junge Beziehung. Die bereits tracheotomierte Birgit entwickelte bald darauf einen grauen Star, welcher zunächst unbemerkt blieb. Elvira, die bis heute treibende Kraft in der Beziehung, gab den Impuls für den Besuch beim Augenarzt in München. Birgit wurde operiert und konnte danach wieder gut sehen.

Der Wunsch nach einer gemeinsamen Wohnung stand nun im Raum. Nach vielen Gesprächen in der Einrichtung und mit den Betreuern, einem Inserat in der Tageszeitung und nur einer einzigen Rückmeldung war das neue Heim in Garching an der Alz Mitte 2017 endlich gefunden. Ein halbes Jahr später jedoch fingen die Beschwerden bei Birgit an, Probleme beim Schlucken und Schmerzen im Halsbereich. Schnell war klar: Diagnose Kehlkopfkrebs. Damit nicht genug – notfallmäßig musste zunächst im heimischen Krankenhaus ein Aneurysma behandelt werden. Danach ging es mit dem Hubschrauber in das 140 km entfernte Regensburg, um eine professionelle Versorgung in der Universitätsklinik zu gewährleisten. Neun Stunden dauerte die Operation. Nur selten konnte Elvira ihre Birgit besuchen, aber tägliche Telefonate haben geholfen. Und so wurde während dieser Wochen im Krankenbett der gemeinsame Wunsch wiederholt: „Wir wollen heiraten.“

Dank Elviras engagierter Unterstützung während der Strahlentherapie und der anschließenden Rehabilitation ist Birgit heute wohlauf. Gemeinsam können beide die Alltagssituation mit Bravour meistern. Daher konnte auch endlich mit der Planung der Hochzeit für 2020 begonnen werden. Viele Gespräche wurden geführt, unter anderem mit ihrem Pfarrer, der ganz spontan und ohne Anmeldung am 04. August 2020 vor der Tür stand. Mitten im Wohnzimmer segnete er die Damen, die sich ihren gemeinsamen Weg bis dahin hart erkämpfen mussten. Am 18. August 2020 fand dann die standesamtliche Hochzeit statt. Aufgrund der damaligen Situation war keine Feier möglich. Daher haben die frisch Vermählten im Café zu zweit auf den Bund der Ehe angestoßen und ließen die gemeinsam erlebte Zeit Revue passieren:

„Wir sind glücklich miteinander. Wir sind froh, dass wir uns kennengelernt haben. Das war Bestimmung. Wir sollten uns treffen.“

Die Flitterwochen schlossen sich direkt an. Und wie es sich gehört, ließ der Nachwuchs nicht lange auf sich warten. Nun besteht die glückliche Familie zusätzlich aus zwei Weißkopf-Nymphensittichen mit den Namen Fipsi und Stupsi. Zu viert wird jetzt musiziert, denn das gehört zu den großen Leidenschaften des jungen Glücks. Birgit spielt auf den Bongo-Trommeln und Elvira singt dazu. Übrigens ist Elvira klassisch ausgebildete Sängerin. Und was soll die Zukunft bringen? Für die beiden Harmonie-Menschen ist der größte Wunsch, dass Birgit gesund bleibt. Das nächste Ziel ist eine neue Wohnung in dem Städtchen Burghausen. Dort möchten sie der musikalischen Leidenschaft in Cafés oder auf Festivals weiter frönen. Für den gemeinsamen Lebensweg wünschen wir den beiden ganz viel Glück und vor allem Gesundheit!

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