Helferslust statt Alltagsfrust
 

Leoni Lutz ist 17 Jahre alt und die jüngste, ehrenamtliche Referentin bei FAHL. Sie spricht regelmäßig bei den jährlichen Seminaren zur Hilfsmittelversorgung für Kinder die Michael Brüggemann, unser Niederlassungsleiter in Berlin, veranstaltet. Er betreut Leoni auch als Außendienstmitarbeiter.

Leoni leidet an einer degenerativen Erkrankung (chronische GvHD), die ihr Körper als Abwehrreaktion auf eine Knochenmarktransplantation entwickelt hat und ihr Immunsystem schwächt, weswegen sie im Rollstuhl sitzt. Mittlerweile ist die Lunge stark angegriffen, deshalb ist Leonie tracheotomiert und dauerhaft beatmet. Körperlich ist sie zwar extrem eingeschränkt, vom Kopf her aber topfit. Und weil sie ein so aufgewecktes, intelligentes Mädchen ist, das auch gerne mal seine Meinung sagt, kam Micheal Brüggemann auf die Idee, sie als Referentin für die hauseigenen Tracheostoma-Seminare anzufragen.


„Halt dich nicht
zu sehr mit der
Meinung anderer
auf - heb‘ dein Kinn
und auf geht‘s!“

Izuku Midoriya in My Hero Academia


Da hat sie sofort freudig zugestimmt, war mittlerweile dreimal dabei und ist auch für dieses Jahr wieder fest gebucht. Sie erzählt den Teilnehmern dann, wie es sich anfühlt, eine Kanüle zu tragen oder abgesaugt zu werden und von ihren eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Produkten. Sie gibt praktische Tipps und erklärt, was bei ihr funktioniert und was nicht. Das ist für die Teilnehmer, Pflegekräfte und Angehörige, ungemein wertvoll, und das wiederum macht Leoni glücklich. Denn sie verspürt eine ausgesprochene Lust daran, anderen Menschen zu helfen und sie zu umsorgen.

Die Schülerin besucht die 10. Klasse einer Schule für physisch und psychisch beeinträchtigte Kinder. Auf die Frage nach ihren Lieblingsfächern kontert sie: „Ich zähle jetzt mal lieber auf, was ich alles NICHT mag.“ Und dann folgt eine lange Liste. Eigentlich finden im Moment nur Englisch und vielleicht noch Biologie Gnade vor ihren kritischen Augen. Seit Corona hat Leoni nur noch online-Unterricht und ist in der Schule mit einem Telepräsenzroboter (ein fahrbares, über Fernzugriff steuerbares Videokonferenzsystem) anwesend. Wegen ihres geschwächten Immunsystems ist das eine ideale Form der Unterrichtsteilnahme für sie.

Helfen macht ihr Spaß

Viel mehr Spaß als Schulunterricht macht es ihr aber, anderen zu helfen. Das zeigt sich auch bei ihren sonstigen Hobbies. Leonie kocht gerne für ihre Mutter und die Nachbarn und hat schon so einiges ausprobiert, z. B. eine Bowl mit Reis und Lachs, sogar auch 3-Gänge Menüs. Die heimische Küche ist leider nicht behindertengerecht eingerichtet, deshalb muss ihre Mutter dem Teenager beim Kochen etwas unter die Arme greifen. Aber es macht Leonie trotzdem sehr viel Spaß. Vor allem liebt sie es, ein bisschen zu experimentieren. Ansonsten zeichnet und malt das Mädchen sehr gerne, offline und online. Für ihr Tablet hat sie sich extra einen speziellen Zeichenstift gekauft. Im Internet spielt sie Minecraft oder Roblox, wo sie ebenfalls gerne hilft, wenn jemand anderes nicht weiterkommt. Social Media Kanäle sind natürlich auch ein Thema für die vielseitige Leonie. Sie surft auf Youtube, hat einen Instagram und einen Snapchat Account und verbringt viel Zeit auf TikTok. Zuviel, wie sie übrigens mittlerweile selbst findet. „Das ist ein echter Zeitfresser“ sagt sie, und versucht, sich selbst zu beschränken. Bei Snapchat diskutiert sie gerade mit ihren Freunden über die Künstliche Intelligenz „My AI“. Sie tauchte plötzlich in der „Freunde“-Liste an oberster Stelle auf, und lässt sich nicht entfernen. Da überlegen sie und ihre Freunde nun schon, ob das nicht gefährlich und überhaupt zulässig ist.

Aussehen ist doch nicht alles!

Leider hat Leonie auch bereits negative Seiten in den sogenannten sozialen Medien erlebt. Sie kann z.B. von Beschimpfungen oder fiesen Kommentaren zu ihrer Geschichte oder ihrem Aussehen berichten. Deshalb überlegt sie mittlerweile genau, was sie postet, und mit wem sie sich im Netz befreundet. Ihr Aussehen erregt aber auch im täglichen Leben immer wieder Aufmerksamkeit. „Wenn ich draußen unterwegs bin, werde ich immer angestarrt. Das nervt - auch wenn ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe.“ Manchmal starrt sie einfach zurück, dann wenden die Menschen das Gesicht zur Seite ab, weil es ihnen peinlich ist. Aber warum ihr Aussehen für andere Menschen immer noch so befremdlich ist, kann Leonie nicht nachvollziehen. Es sollte heutzutage doch eigentlich normal sein, wenn Menschen mit Beatmung, Sauerstoff oder anderen Hilfsmitteln in der Öffentlichkeit unterwegs sind, findet sie.

Was sie nach der Schule machen will, weiß die 17 Jährige noch nicht so recht. Ihre Mutter will, dass sie auf jeden Fall erstmal Abitur macht. „Aber ich mag nicht mehr lernen“ erzählt sie uns. Die berufliche Perspektive als Grafikerin könnte sie sich vorstellen oder als Köchin. Besonders toll fände sie es, im Bereich Medizin zu zu arbeiten, denn sie hilft eben einfach gerne. Da ist ihre Referententätigkeit ja schon einmal ein guter Anfang. Was sie sich denn für die Zukunft wünscht, wollen wir am Ende des Gesprächs noch von ihr wissen. „Dass es mehr verständnisvolle Menschen gibt“ antwortet sie „und eine behindertengerechte Küche daheim!“ schiebt sie noch nach, und lacht.

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Leoni Lutz, 17 Jahre

Der aufgeweckte Teenager ist seit 7 Jahren in derVersorgung bei FAHL. Die Firma und ihren Ansprechpartner Michael Brüggemann beschreibt sie als zuverlässig, hilfsbereit und gut organisiert. Leoni ist ein ausgemachter Anime-Fan - japanische Zeichentrickserien und Filme. Die Serie „My Hero Academia“ ist gerade ihr großer Favorit.