Impulse gegen den Schmerz
Schmerz ist eine freundliche Warnung des Körpers:
bis hierher und nicht weiter, bitte schonen oder einfach Achtung! Eigentlich. „Wohlweh“ nennen Physiotherapeuten das Ziehen bei einer Massage oder einer Dehnübung. Doch gut tut dieser Schmerz nur, wenn er auch nachlässt. Dauerschmerzen machen den Menschen, die darunter leiden, das Leben schwer. „Schmerz-Rhythmus-Störung“ titelte der „Spiegel“ über einem Artikel zu Dauerschmerzen.
Die Nervenzellen, die den Schmerzreiz weiterleiten, kommunizieren ihre Erregung mit elektrischen Signalen,die eine bestimmte Frequenz und Stärke haben, ein rhythmisches Muster eben. Doch wenn die Pein keine Pause macht, gibt es keinen Rhythmus mehr, sondern Dauerfeuer. Das ist schwer zu ertragen. Schmerzpatienten müssen oft starke Medikamente mit unangenehmen Nebenwirkungen nehmen. Viele können ihren Beruf oder ihr Hobby nicht mehr ausüben. Sie ziehen sich zurück und werden nicht selten einsam oder gar depressiv. Die Nerven, die die Botschaft „Schmerz“ weiterleiten, stehen unter Dauererregung und der Mensch unter zermürbendem Dauerstress.
Was tun, wenn chemische Schmerzmittel die Qual nicht mehr effektiv dämpfen können? Wenn Hitze und Kälte, Schonen und Turnen, Tapen und Nadeln nicht mehr helfen und die Lebensqualität leidet? Könnten neue Botschaften und andere Rhythmen die Schmerzbotschaften stören, übertönen oder auslöschen? Bei Menschen mit chronischen Rücken- oder Beinschmerzen, Dauerschmerzen durch Polyneuropathie oder Durchblutungsstörungen (pAVK) sowie Brustschmerzen durch Angina Pectoris haben sich tatsächlich künstlich erzeugte Nerven-Impulse als wirksam und sicher erwiesen.1
Bei der Rückenmarksstimulation (Spinal Cord Stimulation, SCS) werden Elektroden auf das Rückenmark geschoben, die die Weiterleitung von Schmerzreizen mit von außen gesteuerten Erregungsmustern überlagern und abschwächen können. Die Technik des sogenannten Schmerzschrittmachers ist bereits jahrzehntealt. Vor allem in den letzten Jahren hat es aber dramatische Fortschritte gegeben. Das Gerät, das unter die Haut eingepflanzt wird und die Nervenzellen stimuliert, ist immer kleiner geworden, neue Stimulationsmuster machen die Behandlung effizienter und damit wirksamer.2
Bisher galt die SCS als letztes Mittel, wenn Medikamente nicht wirken. Viele brauchen einen hohen Leidensdruck, um sich mit der Idee anzufreunden, ein elektronisches Gerät im Körper zu tragen. Doch wie bei Herzschrittmachern und Insulinpumpen ist die Technik weit entwickelt, Hersteller und Operateure blicken auf einen großen Erfahrungsschatz.
Menschen, die etwa aufgrund einer Behinderung oder nach einer Rückenoperation ihre Schmerzen nicht mehr loswerden, könnte die Methode – zeitig angewendet – die Ärzteodyssee verkürzen, Leid ersparen und sowohl Kosten als auch die oft schweren Nebenwirkungen starker Schmerzmittel vermeiden helfen.1 Mittlerweile bieten alle großen Krankenhäuser mit einer Neurochirurgie die SCS an – und je mehr Stimulatoren eine Abteilung einsetzt, desto mehr Routine, Fertigkeiten und Erfahrung gewinnt sie.
Wir sprachen mit dem Neurochirurgen Prof. Dr. Faycal El Majdoub. Er versorgt an der Klinik Köln-Merheim seit über zehn Jahren Menschen mit dieser Technologie und hat schon über 1.300 Patienten einen Stimulator eingesetzt.
Das spannende Interview mit vielen weiteren Einblicken in die Neurochirurgie finden Sie in der Gesamtausgabe.
Downloadlink Magazin 01/2024 Titel "Rhytmus"
Quellen:
1 https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/a-1094-9922, abgerufen am 29.04.2024
2 https://www.doccheck.com/search?q=Spinal%20Cord%20Stimulation, abgerufen am 18.4.2024